Daniela Baisch ist Diplom-Ingenieurin (FH) – Architektin, Obermeisterin der Zimmererinnung Sigmaringen, Geschäftsführerin Holzbau Ott GmbH und Leiterin der Fachgruppe Unternehmerinnen im Holzbau des Landesverbandes Holzbau Baden Württemberg.
1. Daniela, Du bist Geschäftsführerin eines erfolgreichen Holzbauunternehmens, studierte Architektin und die erste Obermeisterin in Baden-Württemberg. Wie haben Dir Netzwerke weitergeholfen?
Daniela Baisch: Austausch ist sehr wichtig. Ich war schon immer aktiv und habe Netzwerke geknüpft, ohne zu merken, dass das Netzwerke sind. Ich bin in einem Handwerksbetrieb aufgewachsen und habe gesehen, dass es immer sinnvoll ist, Menschen zu kennen. Ich habe in der Schülerzeitung mitgeschrieben, war in der Schülermitverantwortung SMV engagiert.
Später hat mich beruflicher Austausch weitergebracht. Beispielsweise die Gespräche mit den Kollegen aus meiner Erfahrungsaustauschgruppe, die aus meinem Studienseminar Management im Holzbau entstanden ist, haben mir immer sehr bei Entscheidungen und Lösungsfindungen geholfen. Austausch ist sehr wichtig.
Als Obermeisterin bin ich auch in verschiedenen Netzwerken, in denen ich mich sehr wohl fühle und immer wieder dazu lerne. Sei es in der Innung, bei der Kreishandwerkerschaft oder in unserer Obermeister-Gruppe.
2. Es gab viele positive Schlagzeilen, als Du zur ersten Obermeisterin Baden-Württembergs gewählt wurdest. Welche Menschen haben Dich unterstützt? Was hat die Innungsmitglieder überzeugt, Dich zu wählen?
Daniela Baisch: Ich bin ja keine Zimmerin, daher war mir gar nicht bewusst, dass ich überhaupt Obermeisterin sein könnte. Begonnen hat es mit einem Scherz. Bei einer Innungsversammlung habe ich berichtet, dass mein Mann Robert Ott vor sehr vielen Jahren von einer Innungsversammlung, bei der er aus Zeitgründen aus dem Vorstand zurücktreten wollte, als stellvertretender Obermeister wiederkam. Ich sagte dann scherzhaft „Das toppe ich und komme nach der nächsten Sitzung als Obermeisterin zurück“. Das hat der amtierende Obermeister Torsten Arendt gehört und sich gemerkt. Er war auf der Suche nach einer Nachfolge und hat mich später dazu gefragt, da er mich als „aktive Unternehmerin kennengelernt habe“. Mein erster Unterstützer war mein Mann, der mich in dem Entschluss bestärkt hat, dass mir dieses Engagement liegen wird.
Voraussetzung für mich war, dass die Innungskollegen das auch wollen, da eine weibliche Obermeisterin ja schon etwas exotisch ist. Auch dort habe ich die volle, einstimmige Unterstützung bekommen. Überzeugt habe ich sie sicher dadurch, dass ich offen bin, sage, was ich denke und mich für unsere Belange einsetze.
3. Meine These ist: „Je mehr man gibt, desto mehr bekommt man später zurück.“ Du engagierst Dich auch u.a. für die bessere Vernetzung von Unternehmerinnen und Unternehmerfrauen. Baust Du hier eine Plattform auf, die Du Dir selbst vor 10 Jahren gewünscht hättest? Brauchen Frauen ein anderes Forum zum Austausch und Kooperation als Männer?
Daniela Baisch: Ich glaube, dass Netzwerke allgemein dazu beitragen, erfolgreich zu sein. Austausch mit Gleichgesinnten ist ein wichtiger Faktor dabei, Entscheidungen zu treffen und gibt Bestätigung und Sicherheit, diese durchzuführen. Offenheit und Vertrauen sind dabei sehr wichtige Bestandteile. Die Netzwerke für Frauen, die ich früher kennengelernt habe, waren entweder auf soziale Dienste ausgerichtet oder es gab einzelne „Frauengrüppchen“, die unter sich eine geschlossene Einheit gebildet haben. Der echte Austausch, den ich mir gewünscht habe, war dabei für mich nicht möglich. Eine kleine Anekdote am Rande: eine Unternehmerfrau war total empört, dass ich doch tatsächlich meinen Nachnamen bei der Hochzeit behalten habe.
Ich finde es wichtig, dass Frauen die Kraft von Netzwerken für Ihre Belange nutzen, um voran zu kommen. Dabei denke ich nicht, dass hierzu ein anderes Forum erforderlich ist. Mehr der Mut, sich untereinander zu öffnen und ehrlich anzusprechen, was einen bewegt.
4. Wie ist die Fachgruppe Unternehmerinnen im Holzbau aufgebaut. Wer engagiert sich dort, darf jede mitmachen oder ist eine Mitgliedschaft erforderlich?
Daniela Baisch: Die Fachgruppe Unternehmerinnen im Holzbau soll Frauen ansprechen, die bereits aktiv die Ausrichtung ihres Holzbaubetriebs mitgestalten oder es zukünftig werden. Außerdem sind Frauen herzlich willkommen, die allgemein im Bereich des Holzbaus tätig sind. Zusammengefasst sind das beispielsweise Holzbauunternehmerinnen, Nachfolgerinnen, Zimmerinnen, im Holzbau aktiv mitarbeitende Frauen, Obermeisterinnen und Stellvertreterinnen, Ingenieurinnen, Architektinnen. Es gibt keine Mitgliedschaft – es reichen der Wille und die Lust, im Holzbau etwas zu bewegen, sich auszutauschen und sichtbar zu werden.
Übrigens kam die Idee nicht von mir, sondern vom Holzbauverband Baden-Württemberg. Die Herren haben dann mich gefragt, ob ich Lust habe, diese Gruppe aufzubauen und zu leiten.
Jede kann bei uns mitmachen. Wir wollten uns hier nicht auf den Verband beschränken, sondern auch andere Frauen integrieren, wie Architektinnen und Ingenieurinnen.
5. Was sind die Ziele und Inhalte der Fachgruppe Unternehmerinnen?
Daniela Baisch: Wir wollen uns vernetzen und miteinander Themen in Workshops gemeinsam bearbeiten, die uns interessieren. Dabei soll es ebenso um klassische Themen wie Mitarbeiter, Marketing, Strukturen und um uns selbst im Holzbau gehen.
Im März beispielsweise besuchen wir erst eine Ausstellung zu 100-Jahre-Frauenwahlrecht in Stuttgart. Dann gibt es einen Vortrag von der Handwerkskammer zur Mitarbeiterführung und anschließend werden wir in Workshop-Gruppen das Thema nochmal detailliert bearbeiten. Bisher ist geplant, dass wir uns zwei Mal im Jahr treffen. Das nächste Treffen ist vom 14.-16. März. Wer Interesse hat, kann sich bei Frau Eisele vom Zimmerer- und Holzbauverband Baden-Württemberg melden: eisele@holzbau-online.de.
6. Was ist Dein Tipp für erfolgreiches Netzwerken?
Daniela Baisch: Offenheit ist der Schlüssel. Wer keine Angst hat, über seine eigenen Fehler und Probleme zu sprechen, erfährt auch die Lösung dazu. Wenn ich selbst offen bin und über falsche Entscheidungen spreche, können andere daraus lernen. Außerdem motiviert das mein Gegenüber, auch ehrlich über sein eigenes Anliegen zu sprechen.
7. Welche Rolle bzw. wie viel Zeit nehmen die digitalen Medien bei Dir ein?
Daniela Baisch: Sowohl privat als auch geschäftlich bin ich auf Facebook und Instagram. Früher hatte ich Probleme damit, mich auch privat zu präsentieren. Bis ich nach einem Workshop von FrauenZimmer mit der Referentin Elke Herbst gesprochen habe. Sie riet mir, dass ich das einfach als Eigen-PR nutzen kann. Also Persönliches posten, aber nicht Privates. So kann man mich als Mensch kennen lernen, ohne zu private Details. So sind meine digitalen Accounts eine Art Tagebuch-Protokoll.
8. Du bist beim FrauenZimmer Kongress 2019 dabei. Was gefällt Dir an dem Konzept?
Daniela Baisch: 2017 war ich bei der Premiere dabei und bin ganz alleine angereist. Ich habe super viele tolle Menschen kennen gelernt und der Austausch hält bis heute an. Ich habe viele angesprochen und die Gruppen waren nie geschlossen, sondern immer offen. Auch die Workshops waren gut, weil wir mitarbeiten sollten. Einige Referentinnen haben mich so beeindruckt, dass ich ihnen bis heute in den digitalen Medien folge. Ich freue mich auf Mai in Berlin, weil das Event so hochwertig ist. Ich freue mich darauf, die Menschen wieder zu treffen und neue Frauen kennen zu lernen.
Vielen Dank, Daniela Baisch.
Dieses Interview führte Heide Merkel, Fachjournalistin, Referentin und Steuerung Presse und Digitale Medien bei MOLL pro clima, Mitinitiatorin des Blogs frauenzimmer.live und heidi-hakt-nach.de.
Sie freut sich auf den FrauenZimmer Kongress im Mai in Berlin. Gemeinsam mit ihr werde ich einen Workshop zum Thema „Kreativität schlägt Aufwand und Kosten: Die Schlüssel zu mehr Aufträgen durch clevere Smartphone-Videos“ halten. pro clima hat die Veranstaltung von Anfang an unterstützt.
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