Verena König hilft Menschen, ihre privaten und beruflichen Ängste zu überwinden, um erfolgreich zu werden. Sie ist Heilpraktikerin für Psychotherapie & Coach für Transformationsprozesse aus dem Rhein-Main-Gebiet
1. Wie können schüchterne oder introvertierte Menschen auf Veranstaltungen interessante Menschen kennen lernen?
Verena König: Es kostet schüchterne Menschen meist hohe Überwindung, Initiative zu ergreifen. Wenn man als extrovertierter Mensch das weiß, kann man auf diese zugehen. Denn introvertierte Menschen haben viele Besonderheiten: Die Beziehung mit ihnen – sei es geschäftlich oder privat- geht meistens viel tiefer und ist andauernd.
Introvertierte Menschen können ihre natürliche Zurückhaltung nutzen, denn sie sind oft die besseren Beobachter. Sie schauen genau zu und überlegen, in welche Richtung sie ihre Energie aussenden. Das heißt, wenn sie dann auf einen Menschen zugehen, machen sie das bewusst. Daher ist es auch von Vorteil für die Introvertierten, wenn sie sich vor der Veranstaltung Gedanken machen, wen sie kennen lernen wollen. Warum sie dorthin gehen. Damit sie auswählen und nicht einfach von einem ausgesucht werden.
Wenn schüchterne Menschen wenig sprechen, aber Freundlichkeit ausstrahlen, beispielsweise mit einem Lächeln, gewinnen sie auch viele Menschen für sich – auch ohne Worte.
Und die Mehrheit der Menschen reden gerne über sich selber. Wenn also Schüchterne gezielte Fragen stellen und wirklich interessiert sind, ist das ein Geschenk für die Gesprächspartner. Viele Menschen stellen nämlich Fragen, nur um selber antworten zu können.
Ich rate Zurückhaltenden nicht, an sich zu arbeiten, um extrovertiert zu sein. Ich rate ihnen, ihre Stärken festzustellen und bei sich zu bleiben. Niemand muss schlagfertig oder schnell nachfragen können. Wer sich im Gespräch nicht traut oder hinterher eine Frage hat, kann ja den neuen Kontakt nochmal anschreiben.
Wer Menschen von sich und seiner Arbeit überzeugen möchte, sollte vielleicht auch darüber nachdenken, in wie weit er bereit ist, an sich zu arbeiten, um weniger Angst zu haben. Schüchternheit kann auf jeden Fall mit Sichtbarkeit kombiniert werden. Oft hilft es, wenn Zurückhaltende merken, dass sie nicht perfekt sein müssen.
2. Manche Menschen haben Angst, aber auch Firmen haben Angst, digitale Netzwerke für ihre Kommunikation zu nutzen. Ein Grund: mögliches Mobbing oder Shitstorm. Was kann ich tun, um mich vor so etwas zu schützen?
Verena König: Angst ist generell ein Wachstumskiller. Das gilt für alle Ängste. Wer etwas aus Angst nicht tut, kann nicht wachsen. Beispielsweise wenn ein Dienstleister aus Angst alles macht, nur damit der Kunde zufrieden ist – und nicht darüber hinaus etwas extra leistet oder vorschlägt – entwickelt kein richtiges Profil. Wer aus Angst keine digitale Identität aufbauen möchte, wird nicht sichtbar. Außerdem: Wenn Du selbst nicht Dein Profil im Internet aufbaust, machen das vielleicht andere für Dich. Beispielsweise mit ähnlichem Namen oder wenn Du irgendwo erwähnt wirst.
Hier aber ein Tipp, wie die Angst eingedämmt werden kann: Angst ist ja im Prinzip nichts Schlechtes, sie will uns vor negativem bewahren. Was wirklich hilft, ist sich seiner eigenen Werte bewusst zu sein und ihnen treu zu bleiben. Beispielsweise, wenn Sorgfältigkeit und Engagement zu den erklärten Werten eines Handwerksbetriebs gehören, dann ist es nicht so schlimm, wenn jemand Kritik übt. Weil man selbst auch tief in ihrem Inneren weiß, dass das unwahr ist.
Eine negative Bewertung und ein Shitstorm verletzt uns so sehr, weil wir befürchten, dass andere Menschen das auch so sehen. Dass die Leute uns als nicht gut wahrnehmen könnten. Wenn ich jedoch weiß, dass ich das, was ich tue, gut mache und ich mit Werten mein Unternehmen aufgebaut habe, geht das nicht so nah.
Natürlich muss man sich die Kritik jedes Mal genau anschauen. Woher kommt sie? Zum Beispiel, wenn man sich bei kontroversen Themen polarisierend äußert, sollte man damit rechnen, dass es harte Gegenstimmen gibt.
Wer also im Internet seine Meinung kundtut, sollte darauf achten, in welchem Tonfall er oder sie postet.
Was vielleicht auch interessant ist: Wenn jemand negative und destruktive Kritik äußert, sagt das meist viel über seinen Charakter aus. Nicht immer ist der Mensch dahinter böse, sondern frustriert und unglücklich. Wenn die Kritik verletzend ist und unberechtigt, einfach nicht drauf eingehen.
Wenn eine Kritik konstruktiv ist, weil jemand verletzt oder enttäuscht ist- dann kann ein negativer Kommentar auch wertvoll sein. Da ist es dann die Aufgabe, zu reflektieren und transparent zu antworten. Beispielsweise, wenn ein Fehler passiert ist. Wer so reagiert, macht meist die Kritiker dann zu Fans, die einen auch weiterempfehlen. Und dem Rest der Community zeigt es, dass auch in dem Unternehmen Menschen arbeiten, die Fehler machen, aber auch dazu stehen. Also total sympathisch.
3. Manche sind abgeneigt, weil sie Netzwerken als berechnend empfinden. Also Beziehungen aufbauen für einen besonderen Zweck. Ist das ihre Wahrnehmung, weil sie selbst in ihrem Leben generell berechnend sind und auf ihren eigenen Vorteil aus sind? Oder können beim Netzwerken auf beruflicher Ebene keine wahren, freundschaftlichen Beziehungen entstehen?
Verena König: Wer etwas als berechnend empfindet, hat sicherlich solche Erfahrungen gemacht. Dadurch steckt diese Empfindung in der Person tief drin. Das ist meistens auch eine Befürchtung.
Manchmal ist das leider so, dass wir einander benutzen, um voran zu kommen. Dass wir gerne die Fähigkeiten des Anderen nutzen, um selber zu glänzen. Das erfüllt uns jedoch mit einem Mangelgefühl und der Furcht, dass andere genau so handeln, z.B. der macht nur etwas mit mir, weil er etwas von mir will.
Wir sollten uns klar werden, dass wir soziale Wesen sind. Dass das gegenseitige Unterstützen etwas ist, dass uns in die Wiege gelegt ist. Dass wir uns unterstützen, um Synergien zu kreieren. Das wir zusammen bessere Ergebnisse erzielen. Da können natürlich auch Freundschaften oder auch freundschaftliche, berufliche Beziehungen entstehen.
Zweckgebundene Beziehungen sind auch generell nicht verwerflich. Beispielweise haben Vereine, politische Organisationen oder Fans auch einen gemeinsamen Zweck. Der Zusammenschluss bedeutet, dass sie etwas gemeinsam erreichen wollen.
4. Netzwerke gab es schon immer: Sei es durch die Schule, die Vereine oder Fanclubs. Netzwerken Frauen eigentlich anders als Männer? Wenn ja, wo liegt der Unterschied?
Verena König: Die Erfahrung mit meinen Klienten zeigt mir: es gibt tatsächlich einen Unterschied. Meine Einschätzung ist die, dass Männer eher sachlich netzwerken. Sie fragen sich also: Wie können wir ein Problem lösen, wie können wir ein bestimmtes Ziel erreichen.
Frauen, die sich miteinander verbinden, sind meist offener, experimentierfreudiger und emotionaler. Bei ihnen ist oft der Weg genauso wichtig wie das Ziel: Sie wollen miteinander etwas gestalten.
Vielen Dank, Verena König.
Wie wir Angst vor Bewertung ablegen können, dazu hat Verena König einen Podcast verfasst, der auch auf Youtube verfügbar ist:
Dieses Interview führte Heide Merkel, Fachjournalistin, Referentin und Steuerung Presse und Digitale Medien bei MOLL pro clima, Mitinitiatorin des Blogs frauenzimmer.live und heidi-hakt-nach.de.
Sie freut sich auf den FrauenZimmer Kongress im Mai in Berlin. Gemeinsam mit ihr werde ich einen Workshop zum Thema „Kreativität schlägt Aufwand und Kosten: Die Schlüssel zu mehr Aufträgen durch clevere Smartphone-Videos“ halten. pro clima hat die Veranstaltung von Anfang an unterstützt.
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