Rudolf Müller

Frauen im Handwerk: Tischlerin Lena Ulrichs

Frauen im Handwerk: Tischlerin Lena Ulrichs

Tischlerin Lena Ulrichs

FrauenZimmer stellt Unternehmerinnen, Mitarbeiterinnen und Handwerksfrauen der Baubranche in den Mittelpunkt und ist eine Plattform, die sie nutzen können, um sich auf Augenhöhe auszutauschen und sich zu vernetzen. Damit das Vernetzen besser klappt, stellen wir euch regelmäßig Frauen in unserem Blog vor und lassen sie von ihren Erfahungen und persönlichen Meinungen berichten. Heute geht es um die Tischlerin Lena Ulrichs.

Name: Lena Ulrichs
Beruf: Tischlerin

Wie bist du zum Handwerk gekommen?

Während die Zeit bis zu meinem Abitur im Jahr 2017 immer knapper wurde, habe ich wie jeder junge Mensch natürlich überlegt, was ich später mal beruflich machen möchte. Nach Besuchen von Messen zum Thema Ausbildung oder Studium habe ich angefangen, mit dem Beruf der Innenarchitektin zu liebäugeln. Ich fand (und finde) den Beruf super interessant und habe mich näher dazu informiert. Nach einigen Gesprächen mit Innenarchitekten hat sich herauskristallisiert, dass es doch sinnvoll wäre, eine handwerkliche Ausbildung voraus zu schieben. Gesagt, getan. Ich habe mich erkundigt und auf gut Glück hin vier Bewerbungen rausgeschickt. Leider alles Absagen. Im Juni 2017 bin ich dann auf eine Tischlerei ganz in der Nähe meiner Wohnung gestoßen und habe dort einfach mal angerufen, ob man in dem Betrieb auch als Frau eine Ausbildung beginnen kann. Ich bekam eine Zusage, zwar zunächst nur für ein Praktikum, allerdings erschien mir das mehr als sinnvol,l bevor ich die Ausbildung beginnen würde. Anfang Juli 2017 habe ich dann in dem Betrieb ein einwöchiges Praktikum absolviert und den Ausbildungsplatz für August 2017 bekommen.

So bin ich dann mehr oder weniger in den Beruf reingerutscht und was soll ich sagen, das war der beste Zufall meines Lebens. Auch von dem Berufswunsch Innenarchitektin habe ich mittlerweile Abstand genommen, denn ich bin super glücklich, Tischlerin zu sein.

Was ist das Beste an deinem Beruf?

Das Beste an meinem Beruf ist die Vielseitigkeit. Ich arbeite nicht nur mit Holz, wie viele wahrscheinlich vermuten. Das Tischlerhandwerk umfasst mittlerweile die Bearbeitungen und Verarbeitung von Holz, Kunststoffen und Metall. Auch interessant ist jedes Mal aufs neue den Entstehungsprozess von Möbeln zu beobachten und daran teil zu haben. Wie aus einfachen Spanplatten schöne Möbel werden und an diesem Prozess teilhaben zu können, ist einfach unbeschreiblich faszinierend.

Welche Probleme hast/hattest du als Frau in deinem Berufsleben? Wie bist du damit umgegangen?

Ganz klar: Als Frau wird man unterschätzt. Egal in welcher Hinsicht. In der Werkstatt, auf der Baustelle und selbst in der Berufsschule. Auch Sexismus ist ein großes Thema gewesen. Neben dummen Sprüchen auf der Baustelle musste ich schon einigen ekligen Anmachsprüchen ausweichen und auch „unauffällige“ Berührungen an der Brust oder am Po sind keine Seltenheit gewesen.

Mein Weg mit diesen ganzen Schikanen umzugehen war es, den Jungs und Männern zu beweisen, dass ich keine Barbie mit zwei linken Händen bin. In der Berufsschule gehörte ich schnell zu den Klassenbesten, in der Werkstatt hat man mich auch schnell wertgeschätzt und naja auf der Baustelle gibt es dann auch ab und an von mir einen dummen Spruch.

Gibt es Themen in der Branche, die deiner Meinung nach angepackt werden sollten?

Generell finde ich, dass die Wertschätzung des Handwerks stark abgenommen hat. Man ist „nur“ Handwerker. Kaum einer weiß die Leistung zu schätzen, die man tagtäglich erbringt. Man wird gefühlt heruntergestuft, weil man ja nicht studiert hat. Selbst als Träger eines Meistertitels, der mittlerweile mit einem Bachelor Abschluss gleichgesetzt ist, ist man „nur“ Handwerker. Diese Missachtung ärgert mich persönlich und ich finde, dass sich das ändern muss. Wie sollen schließlich junge Leute für einen Beruf im Handwerk begeistert werden, wenn sie von Freunden und vielleicht sogar Familie (wie bei mir der Fall) keine Unterstützung erfahren, weil sie ja „nur“ einen Handwerksberuf erlernen möchten?

Welchen Ratschlag/Tipp hast du für andere Frauen im Handwerk?

Lasst euch nichts gefallen! Niemand hat das Recht dazu, euch nur aufgrund eures Geschlechts zu benachteiligen, euch zu bevormunden oder euch zu schikanieren. Wenn ihr Probleme habt, bitte schweigt diese nicht tot. Sprecht mit eurem Chef, euren Berufsschullehrern, der Handwerkskammer oder aber auch mit der Gewerkschaft. Es gibt viele Anlaufstellen, die euch weiterhelfen können. Nur bitte schweigt nicht.

Was machst du zum Ausgleich nach einem stressigen Tag?

Je nachdem, wie stressig der Tag war, gehe ich eine Runde laufen, absolviere ein Homeworkout oder lasse mir ein entspannendes Bad ein.

Was macht dich persönlich aus? Gibt es ein besonderes Hobby oder engagierst du dich für eine bestimmte Sache?

Ich würde sagen, dass mich meine Neugierde und mein unermüdlicher Ehrgeiz ausmachen. Wenn ich mir etwas in den Kopf setze, ziehe ich es auch durch. Als Hobby würde ich es zwar weniger bezeichnen, allerdings habe ich eine kleine Leidenschaft für Sneaker. Abgesehen davon, dass ich selbst eine kleine Sammlung besitze, arbeite ich alte Sneaker wieder auf und verleihe ihnen praktisch ein neues Leben. Momentan engagiere ich mich für keine konkrete Sache außer meinem Job. Ich fokussiere mich momentan stark darauf, mich in vielen Dingen zu verbessern und
fortzubilden, weshalb für weiteres direktes Engagement keine Zeit bleibt.