FrauenZimmer stellt Unternehmerinnen, Mitarbeiterinnen und Handwerksfrauen der Baubranche in den Mittelpunkt und ist eine Plattform, die sie nutzen können, um sich auf Augenhöhe auszutauschen und sich zu vernetzen. Damit das Vernetzen besser klappt, stellen wir euch regelmäßig Frauen in unserem Blog vor und lassen sie von ihren Erfahungen und persönlichen Meinungen berichten. Heute geht es um die Glasermeisterin Eva-Maria Keilbach.
Name: Eva-Maria Keilbach
Beruf: Glasermeisterin und Betriebswirtin HWK
Wie bist du zum Handwerk gekommen?
Mein Weg ins Handwerk war über Umwege.
Seit 1840 baut meine Familie Fenster. Werkstatt und Büro gehören schon immer zu mir und meinem zu Hause. Bereits als Kind hatte ich Riesenspaß dort alles zu erkunden. Eines meiner Lieblingsspiele war es, mir ein Stück Holz zu schnappen und mit Hammer und Nägeln bewaffnet Muster ins Holz zu nageln. Es ist aber nicht so, dass ich immer schon im Handwerk arbeiten wollte. Ich habe nach meiner Fachhochschulreife erst einmal „ganz klassisch“ eine Ausbildung im Büro gemacht und mir dann gedacht: Warum nicht studieren? BWL (Wie so viele…)
Dass die Entscheidung nicht die Beste war, habe ich schnell gemerkt. Ich habe dann den Betriebswirt HWK gemacht und wie schon vor meinem Ausflug ins Studentenleben wieder als Bürokauffrau und Betriebswirtin bei uns im Betrieb gearbeitet.
Durch die Arbeit in unserem Familienbetrieb stieg immer mehr mein Interesse, die technischen Zusammenhänge im Fensterbau zu verstehen. So kam ich dann dazu, die Ausbildung zur Glaserin Fachrichtung Fenster- und Glasfassadenbau zu machen und danach noch den Meister. Das war die beste Entscheidung!
Jetzt habe ich seit 2015 meinen Meister, bin selbstständig im Handwerk und glücklich mit dem Weg, den ich gewählt habe.
Was ist das Beste an deinem Beruf?
Das Arbeiten mit Holz und Glas, die Vielfältigkeit (Büro, Produktion, Baustelle, Kundenkontakt…).
Welche Probleme hast/hattest du als Frau in deinem Berufsleben? Wie bist du damit umgegangen?
Mit Kollegen, Mitschülern und anderen Handwerkern hatte ich als Frau nie Probleme. Als ich im Handwerk angefangen habe, hatte ich immer das Gefühl, mich beweisen zu müssen. Ich dachte, ich muss als Frau erstmal zeigen, dass ich das auch kann. Diesen Druck habe ich mir selbst gemacht, hat aber sicher auch damit zu tun, dass man als Frau in meiner Branche schon noch eher eine Seltenheit ist.
Es sind eher Kunden die einem zu Beginn nicht viel zutrauen. Da kommen dann schon öfter mal Sätze wie: „Kann ich mal den Chef sprechen“, „Ach, sie können/wissen das auch“ oder „Sie haben das gelernt?“ usw.
Gibt es Themen in der Branche, die deiner Meinung nach angepackt werden sollten?
Ich wünsche mir, dass Handwerk in der Berufsorientierung einen höheren Stellenwert bekommt. Viele ziehen Handwerk erst als Möglichkeit in Betracht, wenn es in anderen Branchen oder beim Studium nicht geklappt hat. Viele Eltern wollen nicht, dass ihr Kind „nur“ Handwerker/in wird.
Schon in den Schulen sollte mehr aufmerksam gemacht werden, dass es das Handwerk auch gibt und eine tolle Alternative zu z.B. einem Studium ist.
Anfang 2019 habe ich mich ans Telefon gehängt um herauszufinden, ob es in Schulen die Möglichkeit gibt, sich vorzustellen. So habe ich von einer jährlich stattfindenden Ausbildungsmesse erfahren. Dort hatten wir dann im November 2019 einen Stand. Ich hatte es ziemlich schwer einen Stand zu ergattern und wie erwartet war das Handwerk leider nicht gut vertreten. Die Kammer hatte einen kleinen Stand, ein Zahntechniker und wir. Das Interesse der Jungs und Mädels war ganz klar nicht im Handwerk. Ich hatte ein, zwei gute Gespräche. Viele haben im vorbei gehen gesagt: „Handwerk wollen wir nicht.“ Sicherlich liegt es auch an uns Handwerkern. Auf solchen Messen sollten viel mehr von uns vertreten sein, aus den verschiedensten Gewerken. Nur so können wir der Jungend zeigen, das Handwerk auch ein toller Berufszweig ist.
Welchen Ratschlag/Tipp hast du für andere Frauen im Handwerk?
Wenn du Lust auf Handwerk hast, probiere es aus, vielleicht bei einem Praktikum.
Und egal was andere sagen, wenn du Spaß daran hast, auch wenn es ein „Männerberuf“ ist: Einfach machen!
Was machst du zum Ausgleich nach einem stressigen Tag?
Als Ausgleich ziehe ich mich in meine EMKUNST Werkstatt zurück und widme mich dem Upcycling alter Fenster. Musik ins Ohr und los geht die Entspannung.
Ausgleich von allem Handwerklichen: Zeit mit meiner Familie + Badewanne
Was macht dich persönlich aus? Gibt es ein besonderes Hobby oder engagierst du dich für eine bestimmte Sache?
Im Bezug auf das Handwerk versuche ich über Instagram Einblicke in mein Handwerkerinnen-Leben zu geben, in der Hoffnung, es spricht über kurz oder lang junge Menschen an, die auf der Suche sind. Auf der Suche danach, was sie beruflich machen möchten. Handwerk bietet so vieles, wir müssen es nur zeigen. Ich möchte #lustaufhandwerk machen.
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