Geschäftsführerin und Ingenieurin Marlen Schlosser über die Vorteile und Umsetzung von Automatisierung und Digitalisierung in Holzbauunternehmen
Alle sprechen darüber, viele verschränken jedoch die Arme, sobald sie folgende Schlagworte hören: Digitalisierung und
agiles Arbeiten. Die Realität zeigt jedoch: Keiner kommt an der Digitalisierung vorbei. Sie ist bereits in der Gesellschaft angekommen und nur die Unternehmer, die sie umarmen, werden künftig weiterhin erfolgreich sein.
Das ist zu dramatisch oder überzogen? Vor zwanzig Jahren haben einige geglaubt, dass das Phänomen Internet und digitale Plattformen eine Modeerscheinung sind, die sich nicht flächendeckend ausbreiten. 2013 hat der Bundesgerichtshof das Internet zur Lebensgrundlage von Privatpersonen erklärt. Das heißt, das Internet ist genauso wichtig, wie ein Dach über dem Kopf, der Zugang zu Nachrichten via Fernsehen oder Zeitschriften, Strom und Heizung. Wenn wir selber unser Verhalten beobachten, stellen wir fest, dass wir uns inzwischen komplett auf die Dienstleistungen und Angebote des Internets eingelassen haben: Wir nutzen Navigations-Apps auf dem Smartphone, um Staus zu umgehen, schlagen Adressen im Internet nach und kommunizieren mit E-Mails und Online-Chatprogrammen.
Internet ist eine Kulturrevolution. Ebenso die Digitalisierung: „Erst kam die Mechanisierung, dann nach einer langen Zeit die Maschinisierung. Darauf folgte die Automatisierung und der nächste Stepp ist nun das Handwerk 4.0. Hier geht es um eine neue Stufe der Organisation und Steuerung der gesamten Wertschöpfungskette bei der Herstellung eines Produkts: Von der Anfrage bis zur Schlüsselübergabe“, sagt die Ingenieurin Marlen Schlosser. Die Unternehmerfrau ist eine der Geschäftsführerinnen des Holzbauunternehmens Schlosser und des Planungs- und Ingenieurbüros Schlosser plan.Projekt. Die 33-Jährige ist seit Jahren die treibende Kraft, ihr Familienunternehmen noch erfolgreicher und zukunftsfähiger zu machen: durch Digitalisierung, Prozessoptimierung und agiles Arbeiten.
„Es reicht nicht, dass man als Unternehmen die richtige Software – also IT – und die passenden Maschinen hat. Wichtiger Bestandteil ist, dass die Mitarbeiter in den Prozess eingebunden werden. Gemeinsam sind sie der entscheidende Schlüssel, ob Digitalisierung gelingt oder nicht“, unterstreicht Marlen Schlosser.
Obwohl fast jedem in der Baubranche inzwischen bewusst ist, dass die Digitalisierung da ist, wollen sich einige nicht so richtig damit beschäftigen. Auch manch Mitarbeiter hat Vorurteile. Der Grund: Sie haben Angst vor Rationalisierung, davor, dass ihr Arbeitsplatz wegfallen könnte: „Dabei werden die Jobs nicht wegfallen, im Gegenteil sie werden vielseitiger und interessanter. Jeder wird mehr in den Prozess integriert sein und kann mehr Verantwortung übernehmen. Auch Zimmerleute sind Gewinner der Digitalisierung: aufgrund ihrer anspruchsvollen Ausbildung und ihrem handwerklichen Können sind sie immer mehr in der Produktentwicklung gefragt.“
„Ich beschäftige mich schon länger mit dem Thema Prozesse und Digitalisierung, dennoch hatte ich letztes Jahr ein Schlüsselerlebnis“, so die Wirtschaftsingenieurin Marlen Schlosser. „Mir ist klar geworden, wie weit die Digitalisierung bereits fortgeschritten ist und vor allem wie rasant die Entwicklung voranschreitet. Wie vernetzt die Welt bereits schon ist und die Baubranche noch sehr hinterherhinkt. Wir müssen Gas geben, damit wir da dranbleiben. Denn: Systeme wie der smarte Lautsprecher Alexa erleichtern den Alltag. Sogar frische Lebensmittel können inzwischen per Sprachbefehl bestellt werden. Warum sollte es dann in Zukunft nicht möglich sein, im Internet ein schlüsselfertiges Haus anzufragen“, wirft Marlen Schlosser auf. „Die Kinder wachsen heutzutage mit all diesen Bequemlichkeiten auf. Das sind unsere Kunden von morgen. Es macht Menschen vielleicht etwas bequemer. Das Resultat ist jedoch: Wer hier mitziehen will, muss mit der Zeit gehen, um die Bedürfnisse der Kunden erfüllen zu können.“
Bevor Digitalisierung überhaupt ein Thema war, ging es Marlen Schlosser in ihrem Familienunternehmen in erster Linie darum, die Prozesse zu optimieren und die Abläufe zu verschlanken. „Dazu gehört, dass alle Abteilungen die gleiche Software verwenden bzw. dass sie vernetzt sind. So müssen beispielsweise die Zeiterfassung für Personalabteilung und Controlling nur einmal eingegeben werden. Das spart, Zeit, Geld und Nerven.“
Die größte Hürde zur Digitalisierung ist meist, dass es Zeit kostet, Prozesse im eigenen Unternehmen zu überdenken. Meist ist der Alltag hektisch und man erledigt Dinge „eben mal schnell“ nach dem altbewehrten System. Eine typische Metapher ist die vom kaputten Zaun und den herumschwirrenden Hühnern: Man hat nie Zeit den Zaun zu reparieren weil man die Hühner einfangen muss. Aber langfristig gesehen wäre es sinnvoller den Zaun zu reparieren. Dazu sagt Marlen Schlosser: „Das ist eine Milchmädchenrechnung. Wer Zeit und Energie in Prozesse steckt, der wird später Geld sparen und mehr Gewinn erwirtschaften.“
Marlen Schlosser ist nicht nur Mitgeschäftsführerin eines Ingenieurholzbauunternehmens mit 80 Mitarbeitern, sondern auch Coach und Referentin. Ihre Erkenntnisse, Erfahrungen und Praxistipps gibt sie in Workshops und Vorträgen weiter. So auch für das FrauenZimmer auf der DACH+HOLZ in Köln am Mittwoch, 21. Februar in Halle 6. Der Vortrag ist kostenfrei und auch Männer sind herzlich eingeladen.
Nach dem Vortrag von 14.-14.30 Uhr beantwortet und diskutiert die Ingenieurin auch individuelle Fragen.
Ab 15 Uhr lädt die Verlagsgesellschaft Rudolf Müller zum FrauenZimmer Get-together in Halle 6, Stand 6.210 ein.
Marlen Schlosser hat auf dem ersten FrauenZimmer Kongress in Berlin gezeigt, wie mit kleineren Änderungen in der Kommunikation auch Reklamationen dem Unternehmen nicht mehr schaden:
Beim Internationalen Holzbau Forum in Garmisch haben wir in der Baubranche nachgefragt, wie Digitalisierung in den Unternehmen umgesetzt wird:
Was bringt den Holzbau in die Zukunft? Diese Frage haben Teilnehmer, Referenten und Aussteller auf dem IHF Garmisch 2018 folgendermaßen beantwortet:
Marlen Schlosser: Unternehmerfrau und Coach
Marlen Schlosser (33) ist seit 2016 Geschäftsführerin von Schlosser Holzbau und Schlosser plan.Projekt in Jagstzell (bei Ellwangen). Sie ist dort verantwortlich für Prozessinnovation und Personalmanagement für 80 Mitarbeiter.
Die Ingenieurin hat nach ihrem technischen Abitur in Aalen Wirtschaftsingenieurwesen und Projektmanagement Bau in Konstanz und Biberach studiert. Sie hat nebenher immer im Familienbetrieb mit angepackt, aber auch bei anderen Bauunternehmen gearbeitet.
Marlen Schlosser engagiert sich in der Vorstandschaft bei den Wirtschaftsjunioren Ostwürttemberg. Sie ist Gastdozentin an der Fachhochschule Aalen für Führungs- und Persönlichkeitsentwicklung. Sie hält zudem Vorträge und Workshops zu Kommunikation im Handwerk, Digitalisierung, agiles Arbeiten, Prozesse und Holzbau 4.0.
Gemeinsam mit Architektin Daniela Baisch (1.Obermeisterin im Zimmererverband Baden-Württemberg) gründet Marlen Schlosser aktuell die Fachgruppe Unternehmerinnen im Holzbau. Diese ist angegliedert im Landesverband Holzbau Baden Württemberg.
Mehr über Marlen Schlosser auf Ihrer Coaching-Seite: http://marlen-schlosser.de/marlen/
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